Projekt „Neue Fernmeldewerkstatt im Hbf“ (Teil 1: Januar 2017 – Februar 2018)

Vorgeschichte

An dieser Stelle soll über den Umzug unserer Werkstatt innerhalb des Hauptbahnhofes der BPE berichtet werden. Ideen und Bestrebungen in diese Richtung gibt es schon seit mehr als 15 Jahren. 

Auf Grund des hohen Aufwandes wurden diese Pläne aber immer wieder verschoben, letztlich hatten wir ja eine recht gut funktionierende Werkstatt.

 

Die Einrichtung dieser Werkstatt wurde schon vor inzwischen vielen Jahren von Andreas, Stefan und René grundlegend überarbeitet. Die quer stehenden Schülertische wichen einer langen Arbeitsplatte und damals für uns neu verbaute Teile (abgehangene Decke, Brüstungskanäle etc.) stammten aus einem kurzfristigen Rückbau in einem nicht mehr genutzten Gebäude der Bahn.

Unser Umzug im Hauptbahnhof zum jetzigen Zeitpunkt hängt mit der geplanten Sanierung des Bahnhofsgebäudes zusammen. Diese Sanierung kann aus verschiedenen Gründen nicht auf einen großen Schlag passieren. Vielmehr wird das eine Entwicklung sein, an deren Ende einmal ein runderneuerter Bahnhof in den alten Mauern stehen soll.

Ähnlich wie bei einem Halma-Spiel werden die Nutzer zwischen den Räumen wechseln, damit Platz für eine gründliche Renovierung und Modernisierung des Bahnhofes – Stück für Stück, Raum für Raum – gewonnen wird. Wir starten nun also dieses „Halma“, indem wir mit unserer Werkstatt in einen Raum umziehen werden, der in den 80er Jahren bis Anfang der 90er Jahre als große Küche im Hauptbahnhof  und später als Lagerraum diente.

Erste Schritte

Seit Herbst 2016 bis zum Anfang des Jahres 2017 hatte zunächst einmal das Team Fahrkarten&Souvenirs (BFS) jede Menge Arbeit, denn unsere zukünftigen Räume waren Lagerräume. Hier wurden Fahrkarten, Bücher, Souvenirs und andere Erinnerungsstücke unserer Bahn zum Verkauf vorrätig gehalten. Es waren eine Menge Dinge zu sortieren und neu zu verstauen, bevor die beiden Räume für die kommenden Arbeiten frei geräumt waren.

Bauarbeiten: Fenster, Türen, Heizung – alles neu

Als nächstes kam eine Baufirma in die Wuhlheide und tauschte die alten Fenster gegen neue, wärmedämmende Fenster aus. Die Tür zum BFS-Büro wurde zugemauert und eine neue Tür als Eingang in die zukünftige Fernmeldewerkstatt eingerichtet. Nebenbei verschwand auch noch der alte Schornstein innerhalb unserer zukünftigen Werkstatt, damit lassen sich Schränke besser aufstellen und der rare Platz besser nutzen.

 

Fast „nebenbei“ wurden die Heizkörper den neuen Anforderungen angepaßt. Kaum besprochen, hatte unser Kollege Steffen – seines Zeichens Fachmann für Sanitär und Heizung – schon neue Heizkörper bestellt und diese in unserer zuküftigen Werkstatt eingebaut!
Vielen Dank für die Unterstützung und die prompte Bearbeitung!

Die Elektroanlage

Die nächste große Baustelle war der Rückbau der alten Elektroanlagen und der Einbau einer komplett neuen Elektroanlage nach unserer Planung. Diese Anlage ist naturgemäß das „Herzstück“ unserer Werkstatt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch gleich die Elektroanlage im Büro BFS neben unserer zukünftigen Werkstatt mit erneuert.

Die Planung der Elektroanlagen kostete einige Stunden ehrenamtlicher theoretischer Vorarbeit, die praktische Ausführung oblag dann den Auszubildenden der Firma KKP unter der Anleitung Ihres Ausbilders.

Herzlichen Dank an KKP und die Azubis. Unser Dank gilt auch den Lieferanten, die uns bei der Bereitstellung von Elektromaterialien uneigennützig unterstützt haben!

 

Zur Verlegung der Kabel waren auch einige Wanddurchbrüche neu zu erstellen. Hier kam zeitweise auch mal ganz schwere Technik zum Einsatz.

Vielen Dank an Lars für Deinen Einsatz in der Freizeit!

Das Ergebnis ist eine Elektroanlage, die den aktuellen Erfordernissen und Vorschriften genügt. Da in dieser Werkstatt bei der BPE auch Kinder und Jugendliche tätig sind, ist das für uns ganz besonders wichtig.

Auch wenn wir uns viel mit historischer Technik beschäftigen, so sind die verbauten Kabelkanäle eine große Erleichterung für unsere ehrenamtliche Arbeit. Ergänzungen und Umbauten an der Ausrüstung unserer Werkstatt mit Prüfanschlüssen für Uhren, Telefone und andere Nachrichtentechnik lassen sich so schnell und zeitsparend ausführen.

Malern & Renovieren

Eine große Hilfe kam uns auch durch unseren Kollegen Frank R. zu Gute. Er hat in ehrenamtlicher Arbeit für uns das Malern unserer neuen Werkstatträume übernommen.

Nur einige Vorarbeiten waren durch die AG Fernmeldetechnik zu leisten, so zum Beispiel das Entfernen alter Tapetenreste und das Spachteln von Löchern in den Wänden.

Nach einer Woche Arbeit in den Herbstferien sah es dann in unserer zukünftigen Werkstatt auch optisch schon viel schöner aus!

Lieber Frank: Vielen Dank für Deinen Einsatz! Der Unterschied ist augenfällig!

Einbau Kleinspannung und TK-Anschlüsse

Inzwischen wird die Installation in unserer neuen Werkstatt weiter komplettiert, und zwar auf der Ebene der Kleinspannungen und Kommunikationstechnik. Ein neu eingebauter 10“-Netzwerkschrank beherbergt die Datentechnik und versorgt drahtgebunden die Netzwerkdosen an den Arbeitsplätzen. Auch für WLAN ist gesorgt.

Die Elektroverteilung ist nun im Endzustand ausgebaut und eine Versorgung mit Kleinspannungen von 6V, 12V und 24V sowie einem Anschluß mit 60V für die Versorgung alter Geräte der Nachrichtentechnik eingebaut.

Not-AUS-Taster sorgen für schnelles Abschalten aller Stromkreise in der Werkstatt, falls das einmal nötig sein sollte.

Für die Telefon-Prüfanschlüsse in der Werkstatt haben wir 2 alte Nebenstellenanlagen der Firma Auerswald eingebaut, die sich auf diese Weise nun wieder nützlich machen können.

Zur Zeit sind wir noch bei der Installation von Telefonanschlüssen zum Prüfen von Telefonapparaten aller Bauformen und weiterer Anschlüsse, die für die Arbeit in der alten Werkstatt stets griffbereit zur Verfügung standen. Bei diesen Arbeiten werden wir seit Oktober 2017 von 5 Kindern und Jugendlichen unterstützt, die innerhalb der Parkeisenbahn neu zur AG Fernmeldetechnik gekommen sind. Aber dazu gibt es einen eigenen Beitrag in diesem Blog.

Fußbodensanierung

Auch wenn wir eine Weile warten mußten: im Februar 2018 war es endlich  soweit und der alte Fußboden, der zum Teil noch von der Nutzung als Küche zeugte, wurde von einer Fachfirma instandgesetzt.

Statt des Flickenteppich aus alten Steinzeug-Fliesen und Betonfußboden, uraltem Linoleum und alter Auslegware haben wir nun einen neuen Bodenbelag in einem freundlichen Gelbton in unsere zukünftige Werkstatt bekommen. 

Ausblick

Nun können wir mit dem eigentlichen Umzug unserer Werkstatt beginnen. Dabei werden uns sicherlich noch einige Herausforderungen begegnen, bis wir unser neues Domizil endgültig in Betrieb nehmen können

Über den weiteren Fortgang der Arbeiten und den entgültigen Umzug in die neuen Räume werde ich hier in nächster Zeit berichten.

Hochwasserhilfe 2013: Aufarbeitung der Fernmeldeanlagen und der Bohmeyer-Hauptuhr für die Parkeisenbahn Peißnitzexpress Halle (Saale) e.V.

Das Hochwasser der Saale 2013 und seine Folgen

Die Geschichte dieses Projektes beginnt mit einer e-mail unserer Freunde und Kollegen von der Parkeisenbahn Halle (Saale) vom 2. Juni 2013:

„Liebe Freunde der Parkeisenbahn Halle,
am heutigen Morgen mussten die ersten Aktiven im Verein und ich betroffen feststellen, dass wir angesichts der Hochwasserentwicklung nun einmal wieder nur noch Zuschauer am Szenario sind; die Peißnitzinsel ist nicht mehr erreichbar. … Alle für uns relevanten Pegel zeigen kein Sinken; die meisten steigen munter weiter…“

Es war das Schlimmste zu befürchten, und das wurde von der Entwicklung des Hochwassers in den folgenden Tagen leider noch bei weitem übertroffen. Beim höchsten Pegelstand der Saale von 8,10 m waren die Gebäude auf der Peißnitzinsel zum Teil bis zum Dach überflutet.

Alle Maßnahmen im Vorfeld – außer der Evakuierung eines Teils der Fahrzeuge – erwiesen sich als nicht ausreichend gegenüber dieser extremen Überflutung, und die Anlagen der Parkeisenbahn wurden von den Wassermassen schwer beschädigt.

Unter den vielen Anlagen der kleinen Bahn, die seitdem aufwändig wieder instandgesetzt werden mußten, befand sich auch die historische elektromechanische Hauptuhr der Fa. Bohmeyer im Bahnhofsgebäude des Bf. Peißnitzbrücke, die bei diesem Hochwasser zum ersten Mal komplett überflutet wurde.

Nun stellten neben den schlimmen Schäden, die das Hochwasser überall entlang der Saale angerichtet hatte, die Bahnanlagen der Parkeisenbahn und die Uhrenanlage nur einen kleinen Teil der Dinge dar, die nach dem Abzug der Fluten einen bedauernswerten Anblick boten. Allerdings hat genau diese Uhr auch einen regionalen Bezug zur Stadt Halle (Saale).

Die Firma C.Bohmeyer KG Halle – Saale,  bei der diese Uhr Ende der 1930er Jahre gebaut wurde, war lange Zeit in Halle ansässig und stellt damit auch einen kleinen Teil hallescher Industriegeschichte dar. Die Hauptuhr wurde im Dezember 1941 auf dem Bahnhof Teicha an der Bahnstrecke Halle – Vienenburg in Betrieb genommen und gelangte später zur Parkeisenbahn Halle (Saale) auf die Peißnitzinsel. Die Wiederherstellung – gerade auch dieser alten Uhr im Original – lag deshalb den Kollegen der Parkeisenbahn Peißnitzexpress Halle (Saale) e.V.  sehr am Herzen.

Nach dem Abzug des Wassers – viele Hände helfen

Sobald die Wassermassen abgeflossen waren und die Insel wieder erreichbar war, wurden Mitglieder des Fördervereins tätig und begannen mit ersten Arbeiten zur Sicherung und Wiederherstellung der Anlagen. Erst jetzt wurde das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar.

Bei einer ersten Begehung bot sich den Aktiven im Verein u.a. folgendes Bild:

Nach dem Hochwasser (1) [Foto: Förderverein Parkeisenbahn Halle (Saale)]

Die Arbeitsbedingungen in den ersten Tagen nach dem Hochwasser waren kompliziert. Strom- und Wasserleitungen auf der Peißnitz waren abgestellt. Überall waren Überreste des Hochwassers zu sehen und ein fauliger Geruch lag in der Luft. Immerhin gab es schon nach wenigen Tagen frisches Wasser aus einem Tankwagen zum Händewaschen.

In einer solchen Situation ist das schon ein gewaltiger Fortschritt, und man lernt die Bedeutung solch elementarer Dinge erst wieder richtig einzuschätzen, wenn man so etwas selbst direkt vor Ort erlebt hat.

Neben all den allgemeinen Aufräum-, Entsorgungs- und Reinigungsarbeiten an den Anlagen der Parkeisenbahn wurden auch die elektrisch betriebenen Anlagen der Sicherungs-, Stellwerks- und Fernmeldetechnik begutachtet, trocken gelegt und soweit möglich und sinnvoll zur Reparatur ausgebaut.

Nach dem Hochwasser (2) [Foto: M.Schmidt]

Viele Eisenbahnfreunde fanden sich kurzfristig zur Hilfe ein und am 22. Juni 2013 fuhr auch ich zum Arbeitseinsatz des Fördervereins nach Halle (Saale), um die Aufräumungsarbeiten – insbesondere im Bereich der Fernmeldeanlagen –  zu unterstützen. Alle transportablen Anlagen und Geräte wurden dabei zur weiteren Bearbeitung per Pkw in die Fernmeldewerkstatt bei der Berliner Parkeisenbahn in die Wuhlheide gebracht.

… ob da noch was zu reparieren ist? [Foto: M.Schmidt]

In den folgenden Wochen und Monaten konnten in Berlin zunächst die Telefonanlage, OB- und Wählfernsprecher, Stromversorgungsgeräte und die Lautsprecheranlage vom Bf. Peißnitzbrücke gereinigt, repariert und geprüft werden.

Diese Arbeiten erstreckten sich bis zum Frühjahr 2014. Zum Ende des Monats März 2014 konnte dann ein großer Teil der aufgearbeiteten Technik zurück auf die Peißnitzinsel gebracht, eingebaut und wieder in Betrieb genommen werden. Dabei wurde die gesamte Installation erneuert und Anschlüsse so gestaltet, daß die Geräte bei Gefahr eines erneuten Hochwassers schnell evakuiert werden können.

Fernmeldeanlagen Bf. Peißnitzbrücke (1) [Foto: M.Schmidt]

Für die Steuerung der Uhrenanlage stand nach dem Hochwasser eine elektronische Hauptuhr zur Verfügung. Damit war mit moderner Technik zunächst auch die Funktion der Bahnhofsuhren beim Peißnitzexpress wieder sichergestellt.

Fernmeldeanlagen Bf. Peißnitzbrücke (2) [Foto: M.Schmidt]

Anschließend konnte in aller Ruhe mit der Aufarbeitung der Bohmeyer-Hauptuhr begonnen werden.

Die Reparatur der Pendeluhr

Uhrwerk und elektrischer Teil

Zunächst wurde die Uhr komplett zerlegt, und die aufgefundenen Schäden dokumentiert.

Uhrwerk – Schadaufnahme [Foto: M.Schmidt]

Es stellte sich heraus, daß sich das Uhrwerk in einem relativ guten Zustand befand. Das Ziffernblatt hatte allerdings starke Korrosionsschäden, und die elektrischen Kontakte am Uhrwerk sowie der Aufzugsmotor waren überholungsbedürftig. Das Holzgehäuse war aufgequollen, das Furnier beschädigt und verleimte Verbindungen hatten sich durch das Wasser gelöst.

Die Arbeiten rund um das Uhrwerk konnten durch die Fernmeldewerkstatt in der Wuhlheide in Eigenregie ausgeführt werden. Zunächst wurde der Aufzugsmotor zerlegt und gereinigt. Eine beschädigte Kontaktfeder mußte erneuert werden, dann konnte die Funktion des Motors zunächst allein überprüft werden.

Aufzugsmotor – erster Test [Foto: M.Schmidt]

Da die Uhrenanlage und die Hauptuhr bei der Parkeisenbahn Halle (Saale) mit einer Betriebsspannung von 24 V betrieben werden, die Betriebsspannung des Aufzugsmotors jedoch mit 8-12 V vorgegeben ist, war dem Motor bisher eine große Glühlampe als Vorwiderstand vorgeschaltet. Diese Schaltung war einfach und wirkungsvoll, jedoch wurde der Motor eigentlich mit einer zu hohen Spannung betrieben, wie sich im Probebetrieb in der Werkstatt herausstellte. Um die historische Technik zu schonen, entschied ich mich, im Gehäuse oberhalb des Uhrwerkes unauffällig eine elektronische Spannungsregelung einzufügen. Damit bekommt der Motor unabhängig von der Speisespannung nur 8 V und der Aufzug läuft ruhiger. Außerdem wurde optisch unauffällig eine elektronische Sicherung in den Stromkreis des Aufzugsmotors integriert. Diese soll ein Verschmoren der Motorwicklungen verhindern, falls der Antrieb wegen eines Fehlers in der Mechanik einmal unbeabsichtigt länger als üblich unter Spannung stehen sollte.

Anschließend wurde das Uhrwerk komplett zerlegt, alle Teile gereinigt und alles wieder zusammengebaut.

Uhrwerk beim Zusammenbau [Foto: M.Schmidt]

Auch die Seile des Aufzuges wurden bei dieser Gelegenheit erneuert. Der Hinweis eines Uhrmachers brachte mich auf die Idee, Skalenseile, wie sie in alten Radioempfängern Verwendung finden, dafür zu nutzen. Das ist zwar an dieser Stelle nicht ganz historisch korrekt, es hat allerdings technische Vorteile.

Nachdem auch das Kompensationspendel und sein Holzstab gereinigt und aufgearbeitet waren, konnte das Uhrwerk in der Werkstatt zum Test montiert und in Betrieb genommen werden. Uhrwerk und Aufzug funktionierten auf Anhieb ohne Probleme.

Erster Testlauf des Uhrwerkes [Foto: M.Schmidt]
Gehäuse und Ziffernblatt

Nach der Instandsetzung des Uhrwerkes und des elektrischen Teils der Uhr blieben noch zwei besondere Probleme zu lösen: einerseits die Wiederherstellung des Uhrengehäuses und die Restauration des Ziffernblattes. Für letzteres hatte ich bereits eine Idee, allerdings machte mir das Holzgehäuse zunächst Sorgen! Für die Restauration der Holzteile war ich auf die Hilfe eines Fachmannes für Holzarbeiten angewiesen.

Das Uhrengehäuse nach dem Hochwasser [Foto: M.Schmidt]

Erste Anfragen bei Tischlereien in der Umgebung brachten allerdings ernüchternde Ergebnisse. Zunächst einmal fühlt sich nicht jeder von einem solchen Restaurationsobjekt angeprochen. Eine andere Tischlerei brachte einen kompletten Neubau des Gehäuses ins Spiel, aber der Kostenvoranschlag für die Anfertigung ließ für die Machbarkeit in finanzieller Hinsicht nicht viel Gutes erahnen…

An dieser Stelle halfen einmal mehr Zufall und etwas Glück weiter.

Im Urlaub mit meiner Familie hatten wir einen Tischlermeister und dessen Familie kennengelernt. In einer email berichtete ich ihm von meinem Problem, fügte ein paar Fotos an und bat ihn um seinen fachlichen Rat, “… ob denn mit diesem Uhrengehäuse überhaupt noch irgend etwas zu machen wäre?…“ Die Antwort vom Fachmann kam schnell: „Na klar läßt sich da etwas machen!“ und obendrein bekam ich das Angebot, diese Arbeit als Hilfeleistung nach dem Hochwasser für den Verein der Parkeisenbahn Peißnitzexpress Halle (Saale) zu übernehmen. Das war weitaus mehr, als ich zunächst erhofft hatte, und wenig später konnte ich das arg lädierte Uhrengehäuse wieder ins Auto verladen und in der Tischlerei Falko Hecker in Pankow abliefern.

Nach einigen Wochen bekam ich einen Anruf, daß ich nach Pankow kommen könne, mir das fertiggestellte Uhrengehäuse abzuholen. Ich war ziemlich beeindruckt: das Uhrengehäuse sah so gut wie neu aus, trotzdem konnten so viel wie möglich der originalen massiven Holzteile – also historischer Substanz – weiter verwendet werden.

Das Uhrengehäuse – alt neben neu [Foto: M.Schmidt]

An dieser Stelle möchte ich Herrn Falko Hecker und seinem Team der Tischlerei auch im Namen aller Kollegen der Parkeisenbahn Halle (Saale) noch einmal herzlichen Dank für die uneigennützige Hilfe sagen.

Letzte Station bei der Restauration der Uhr war das Ziffernblatt. Die sichtbare silberne Oberfläche war durch oberflächliche Korrosion unansehnlich und rauh, die Stunden- und Minutenmarken unleserlich geworden.

Ziffernblatt nach dem Hochwasser [Foto: M.Schmidt]

Zunächst wurde das Ziffernblatt im vorhandenen Zustand gescannt, um eine digitale Vorlage zum Restaurieren zu schaffen. Am Computer wurden die Stunden, Minuten- und Sekundenmarkierungen digital wiederhergestellt sowie alle Fehlerstellen entfernt. Damit war zunächst eine digitale Druckvorlage erstellt.

Für die weitere Bearbeitung konnte ich auf die bewährte Mithilfe der Grafik-Ausbildungswerkstatt „digiprintworker“ des TJP e.V. zurückgreifen.

Um die metallische Oberfläche authentisch wirken zu lassen, griffen wir auf eine silberne bedruckbare selbstklebende Folie zurück, die dem originalen Erscheinungsbild des Ziffernblattes erstaunlich nahe kommt. Allerdings war die Oberfläche des alten Ziffernblattes durch Korrosion rauh geworden, die Klebefolie ließ sich nicht glatt aufkleben. Um die historische Substanz trotzdem weitestgehend erhalten zu können, bekam das alte Ziffernblatt eine Auflage durch eine 0,5 mm starke glatte Kunststoffplatte, die kreisrund in die Lünette eingesetzt wurde. Darauf wurde dann die silberne Folie mit dem aufgedruckten Ziffernblatt blasenfrei aufgeklebt. Optisch kommt die Oberfläche dem Original jetzt sehr nahe und die geringfügig größere Dicke fällt nicht ins Auge.

Das Beschaffen der passenden Folie, das Drucken und Aufkleben wurden dankenswerterweise vom Ausbildungsprojekt „digiprintworker“ des TJP e.V. übernommen, die uns u.a. auch schon bei anderen Restaurationsprojekten an Ziffernblättern von Bahnhofsuhren mit fachlichem Rat, interessanten Ideen und handwerklich perfekter Umsetzung geholfen hatten.

Uhr und Ziffernblatt nach der Aufarbeitung [Foto: M.Schmidt]

Jetzt hatte das Uhrwerk wieder „ein Gesicht“, und nachdem alles endgültig zusammengebaut war, wurde die Uhr zunächst in Berlin einem ersten Testlauf unterzogen. Dazu wurde die Hauptuhr in der Fernmeldewerkstatt Wuhlheide installiert. Zufällig hatten wir zu dieser Zeit auch eine Nebenuhr des gleichen Herstellers C. Bohmeyer KG Halle Saale aus einem Schrottcontainer(!) retten können, die etwa 1 Jahr später als die Hauptuhr geliefert wurde. Diese Nebenuhr wurde kurzerhand als Kontrolluhr an die Hauptuhr angeschaltet, und konnte damit auch gleich auf ihre Funktion geprüft werden.

Ein solches Ensemble aus Haupt- und Nebenuhr des gleichen Herstellers Bohmeyer aus Halle/S. ist heute wohl eher selten anzutreffen, und soll deshalb hier auch mit einem Foto gewürdigt werden.

Haupt- und Nebenuhr der Fa. Bohmeyer im Testbetrieb [Foto: M.Schmidt]
Fabrikschilder von Haupt- und Nebenuhr [Foto: M.Schmidt]

Beim Testlauf in Berlin konnte das Pendel bereits soweit justiert werden, daß die Uhr mit nur noch wenigen Sekunden Abweichung pro Tag funktionierte, und Ende Mai 2015 war es dann soweit: die restaurierte Hauptuhr konnte wieder an ihrem angestammten Platz im Bf. Peißnitzbrücke der PE Halle (Saale) installiert und in Betrieb genommen werden.

Zurück im Bf. Peißnitzbrücke [Foto: M.Schmidt]

Im Moment hat die Hauptuhr selbst keine Nebenuhren mehr anzusteuern, dennnoch funktioniert sie wieder zuverlässig und bereichert die Ausstattung des Bf. Peißnitzbrücke zur Freude der Besucher und Kollegen der Parkeisenbahn Halle (Saale).