Ein neuer (alter) OB-Befehlsfernsprecher für die Parkeisenbahn Wuhlheide

Pünktlich zum Dampfspektakel bei der Berliner Parkeisenbahn am 13. und 14. Juni 2015 konnte im Stellwerk Hb der Berliner Parkeisenbahn eine neuer (alter) OB-Befehlsfernsprecher vorläufig in Betrieb genommen werden. Über diese besondere Bauart von OB-Fernsprechern soll hier etwas berichtet werden.

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OB Befehlsfernsprecher: OB SFw Mg neben OB Lipinski & W63a

OB-Befehlsfernsprecher dienten dazu, auf großen Betriebsstellen mit vielen Fernsprechleitungen mehrere OB-Fernsprecher in einem Gerät zu vereinen und damit die Bedienung einfacher und übersichtlicher zu gestalten.
Zitat aus einer zeitgenössischen Fachzeitschrift von 1963: „Da der Fahrdienstleiter (Fdl) zur gleichen Zeit immer nur e i n e n Fernsprecher bedienen kann, lag es nahe, mehrere gleichartige Geräte in einem zweckmäßigen, formschönen Gehäuse zu vereinigen. Begonnen wurde mit der Entwicklung des OB-Befehlsfernsprechers, bei dem bis zu 30 OB-Verbindungen auf einem Gerät enden, das in Pultform auf dem Arbeitstisch Platz findet oder als Platine in den Tisch eingelassen werden kann.“
Das Konzept an sich ist jedoch schon älter. So wurden anfangs OB Fernsprecher vom Typ OB33 mit einem Umschalter (Quante-Schalter) und später mit einem Tastenvorsatz mit 5 Drucktasten ausgerüstet. In den 1950er Jahren wurden für die Deutsche Reichsbahn besondere OB-Befehlsfernsprecher für 10 oder 20 Anschlußleitungen von der Firma Lipinski Fernmeldeanlagen KG in Berlin gebaut. Später übernahm die Deutsche Reichsbahn den Bau dieser Geräte in eigene Werkstätten, ab ca. 1963 wurde vom Signal- und Fernmeldewerk Magdeburg ein selbst entwickelter OB-Befehlsfernsprecher geliefert (Bauart SFw Mg).
Er war schaltungstechnisch gegenüber dem Fernsprecher der Fa. Lipinski stark vereinfacht, indem man die meisten Schaltungsfunktionen mittels Kellogschalter statt über Drucktasten und Fernmelderelais realisierte. Nur als Anrufrelais fanden kleine Rundrelais Verwendung.
Das Tischgerät sah anfangs dem der Geräte der Fa. Lipinski sehr ähnlich, alle Bauteile fanden in diesem Tischgerät Platz und ein separater Relaiskasten wurde entbehrlich. Die Hörergabel und Handapparat entsprechen der Ausführung des W38 und OB53, ebenso der Kurbelinduktor. Später wurden diese Fernsprecher weiterentwickelt und unter anderem die Hörerauflage verändert. Es kamen dann die moderneren Handapparate aus der Produktion des Fernsprechapparates „Variant“ zum Einsatz und statt eines Kurbelinduktors wurde ein elektronischer Rufgenerator eingebaut.
Mit diesem Fernsprecher war es möglich, bis zu 10 (oder 20) OB-Fernsprechleitungen an einem Apparat zusammenzufassen.

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Befehlsfernsprecher Bauart SFw Mg

Der vorliegende OB-Befehlsfernsprecher der Bauart SFw Magdeburg stammt vom Bf. Calbe in Sachsen Anhalt und war dort bis zum Jahr 2014 noch im täglichen Betriebseinsatz auf dem Stellwerk B1. Beim Um- und Rückbau der Stellwerksanlagen auf diesem Bahnhof wurde er, wie viele alte Technik, überflüssig.
Durch Kollegen des Fördervereins der Parkeisenbahn Halle/S. (Peißnitzexpress) konnte der Fernsprecher zunächst vor der Verschrottung bewahrt werden. Für die recht übersichtliche Anlage der Hallenser Parkeisenbahn erschien er dann aber etwas überdimensioniert und so wurde er kurzerhand an die Kollegen der AG Fernmeldetechnik in Berlin abgegeben, auf daß man dort weitere Verwendung für ihn hätte.
Von außen sieht man dem Fernsprecher sein Alter durchaus an, aber er war technisch fast vollständig erhalten und stammt aus der Fertigung dieser Geräte aus den 1960er Jahren (Kurbelinduktor vom OB53, noch kein Rufgenerator eingebaut) .
Nur die vieladrige Anschlußleitung fiel leider dem beherzten Rückbau per Seitenschneider zum Opfer. Aufgrund dieses guten Allgemeinzustandes wurde entschieden, dieses Gerät sogleich zu reparieren und für einen Einsatz in Berlin vorzubereiten.
Für die erneute Inbetriebnahme wurde zunächst die abgeschnittene Anschlußleitung durch ein ausgedientes Datenkabel einer modernen EDV-Anlage ersetzt. Diese Datenleitung aus dem Fundus hat zufällig genau die Anzahl von Adern, die für den Anschluß benötigt werden. Im Fernsprecher wurde die Leitung klassisch mit Wachsschnur zu einem Kabelbaum ausgebunden.

 

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Anschlußleitung beim Ausbinden

Die alten Kabelschuhe wurden wiederverwendet und kurzerhand angelötet (original waren sie gepresst).
Die Datenleitung ist mit einem 37-poligen Sub-D-Stecker abgeschlossen. Dieser Stecker wurde bei der Gelegenheit gleich beibehalten, um den Fernsprecher steckbar an die Zuleitungen anzuschließen. Dadurch sind die gleichartigen Befehlsfernsprecher im Störungsfall in Zukunft leicht austauschbar.
Bei der weiteren Inbetriebnahme wurde noch das Innenleben und die Relais- und Schalterkontakte gereinigt sowie einige Anruflampen getauscht bzw. instandgesetzt.

Eine zukünftige Verwendung für dieses Gerät zu finden, war dann auch nicht schwer.
Auf den Stellwerken der BPE ist bereits ein OB-Befehlsfernsprecher der Bauart SFw Mg (spätere Ausführung mit modernerem Hörer) und ein älterer Befehlsfernsprecher der Fa. Lipinski aus den 1950er Jahren im Einsatz. Der Lipinski-Fernsprecher erlitt im vorigen Jahr bei einem Gewitter einen Schaden, dessen Reparatur sich aufwändig gestaltet.

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Vorbereitet zum Transport in die Fm-Werkstatt

Hier wird der alte Magdeburger Apparat zunächst als Ersatz aushelfen, bis der Lipinski-Fernsprecher repariert aus der Fernmeldewerkstatt zurückkehrt. Danach wird er im Stw. Badesee den vorhandenen Befehlsfernsprecher ersetzen, der auch dringend eine gründliche Überholung in der Werkstatt benötigt. Ist das erledigt, wird er als Störungsreserve bereitgestellt, damit immer ein funktionierender Fernsprecher dieser Bauart zum Tausch bereitsteht. Außerdem können wir damit zwei verschieden alte Fernsprecher der Bauart SFw Mg im Betrieb vorführen.
Damit kann der OB-Befehlsfernsprecher nun in sein 2. Arbeitsleben bei der Parkeisenbahn Wuhlheide starten und wird hier sicherlich noch lange zur vollen Zufriedenheit der Parkeisenbahner seinen Dienst verrichten.
Vielen Dank an die Kollegen aus Halle/S. für die Sicherstellung und Überlassung dieses Gerätes!