Während meiner ehrenamtlichen Arbeit im Bereich der Fernmeldetechnik für Park- und Museumsbahnen stellte sich oft die Aufgabe, die genaue Lage in der Erde verlegter Kabel festzustellen. Nicht selten fehlen aussagekräftige und aktuelle Planunterlagen für die Vorbereitung von Baumaßnahmen. Eine direkte Ortung der Lage der in der Erde verlegten Kabel vermeidet aufwändige Reparaturen, wenn diese Kabel unbeabsichtigt bei Erdarbeiten beschädigt werden.
Den heutigen Eigentümer der Parkeisenbahn Vatterode und seine Bemühungen um die Sanierung dieser kleinen Parkeisenbahn durfte ich im gleichen Zusammenhang kennenlernen. Auch an dieser Bahnstrecke ist ein Streckenfernmeldekabel verlegt, dessen Lage entlang der Strecke nicht annähernd bekannt war. Es war auch beim probeweisen Schachten quer zur Strecke bislang nicht gefunden worden. Eine funktionierende Streckenfernsprechverbindung über dieses Kabel ist aber auch hier eines der vielen Probleme, die für eine erneute Inbetriebnahme der Parkeisenbahn Vatterode gelöst werden müssen.
Außerdem wurde ich von Kollegen der Historischen Feldbahn in der Herrenleite um Rat gefragt. Auch hier soll ein bisher ungenutztes altes Kabel möglicherweise wieder für die Nutzung hergerichtet werden. Allerdings ist die genaue Lage und der Zustand dieses Kabels bisher unbekannt.
Aus meiner Lehrzeit war mir das Verfahren der elektrischen Kabelortung in Ansätzen bekannt. Dabei wurde ein nach meiner Erinnerung „Ortex“ genanntes Gerät vom Kabelbautrupp zur Trassensuche bei der Reparatur von Fernmeldekabeln verwendet.
Natürlich gibt es heute für diesen Zweck professionelle Ortungsgeräte, die die Trasse und auch die Verlegetiefe unterirdisch verlegter Kabel sehr genau ermitteln können. Entsprechende Geräte kosten aber viel Geld; eine solche Investition schied für die zu lösenden Aufgaben im Bereich von Park- und Museumsbahnen aus.
Dennoch wollte ich dieses Verfahren mit den mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Arbeit in der Fernmeldetechnik bei Park- und Museumsbahnen nutzbar machen.
Beim Stöbern im Internet stieß ich auf eine Internetseite mit einer Beschreibung für den Selbstbau eines einfachen Kabelortungsgerätes. Diese Beschreibung war durch einen Funkamateur verfasst worden, er wollte – so wie ich auch – die Trasse eines alten Fernmeldekabels im Gelände mit einfachen Mitteln feststellen.. Die Idee und die vorgeschlagene Lösung waren mir willkommene Anregung für ein eigenes Projekt. An dieser Stelle möchte ich dem Autor S.Barth (DG0MG) noch einmal für die Veröffentlichung seiner Lösung danken!
Die Bauanleitung beinhaltete eine einfache Schaltung, die mit wenigen Bauteilen auskommt.
Diese Schaltung passte ich auf die Materialien an, die mir gerade zur Verfügung standen und vorhanden waren. Bis auf wenige Bauelemente konnte auf altbrauchbares Material aus der Bastelkiste und dem Elektronikschrott zurückgegriffen werden. Die Materialkosten für den Selbstbau der Schaltung beschränkten sich damit auf wenige EUR.
Nach einem ersten Aufbau der Schaltung wollte ich zunächst praktische Erfahrungen sammeln, um die Praxistauglichkeit festzustellen. Die ersten Tests fanden ausgehend vom Hauptbahnhof der Berliner Parkeisenbahn in der Wuhlheide statt. Die noch provisorisch aufgebaute Schaltung zeigte ein deutlich wahrnehmbares Signal auf einer bekannten Kabeltrasse parallel zur Gleisachse. Das beschriebene Minimum in der Lautstärke des Prüfsignals direkt über dem Kabel konnte schon gut nachgewiesen werden. Der provisorische Aufbau war allerdings fehleranfällig und der Auf- und Abbau zu umständlich.
Deshalb wurden Details der Schaltung noch einmal überarbeitet und die Platine anschließend in ein Gehäuse eingebaut. Zum Anschluß von Betriebsspannung und Ausgangssignal wurden Apparateklemmen montiert. Es fand sich außerdem ein gut erhaltener verzinkter Erdspieß mit Anschlußklemme aus alten NVA-Beständen für eine sichere und effektive Erdung.
Die beste Suchspule ergab letztlich der Elektromagnet eines alten russischen Rundrelais, welches in seinem ersten Leben in einem alten Fallblattanzeiger russischer Bauart tätig gewesen war. Ein Teleskop-Besenstiel aus Alu dient als Griff. Als Verstärker für den Kopfhörer kommt ein hochwertiger alter Walkman zum Einsatz, dessen Equalizer störendes Netzbrummen etwas vermindert.
Nachdem die Schaltung fest ins Gehäuse eingebaut war, fanden weitere Tests mit den Geräten im Bereich des Stellwerkes und Bahnhofs Freilichtbühne bei der BPE statt. Die Signale zur Ortung waren sehr gut wahrnehmbar und bekannte Kabeltrassen wurden eindeutig geortet. Danach wurde die Ortung auf unbekannte Trassen ausgeweitet, auch hier ließen sich verlegte Kabel gut orten, solange die netzfrequenten Störfelder nicht zu stark wirken.
Den nächsten Praxistest in unbekanntem Gelände mußte das selbstgebaute Kabelortungsgerät dann im Einsatz bei der Parkeisenbahn Vatterode im März 2012 bestehen.
Die alten Endverschlüsse des Kabels zu finden, war nicht schwer. Im Bahnhof „Wippergrund“ wurde der Sender an das erste Aderpaar angeschlossen und eine Erdleitung ins Freie verlegt. Anschließend konnte das Abenteuer beginnen.
Nach wenigen Metern konnte ich mit der Suchspule die Signale des Senders orten und es zeigte sich ein deutlich wahrnehmbares Minimum in der Lautstärke, das auf den Verlauf des Kabels in der Erde hindeutete. So konnte ich die Lage des Kabels über mehr als 1 km entlang der Strecke bis zum Bahnhof „Mansfeld Schleife“ verfolgen.
Wenige Meter vor dem Bahnhof verlor sich dann das Signal ziemlich abrupt, ein Hinweis auf die Stelle, wo das Kabel vermutlich schon vor vielen Jahren beschädigt und getrennt wurde.
Von der relativen Genauigkeit dieser Ortung konnte ich mich selbst einige Zeit später überzeugen, als ich begann, ein Stück des Kabels für Messungen freizuschachten.
Diesmal fand ich das Kabel in der Erde auf Anhieb. Die Kabelortung zeigte die Lage mit nur wenigen cm Abweichung an und auch die Tiefenortung stimmte in der Größenordnung.
Die Ergebnisse der Isolationsmessung am Kabel zerschlugen dann allerdings die Hoffnung auf eine schnelle Wiederherstellung der Streckenfernsprechverbindung. Das Kabel erwies sich als „hoffnungslos abgesoffen“, der Isolationswiderstand zwischen den papierisolierten Adern betrug nur noch wenige Kiloohm, weil im Verlauf der Strecke Feuchtigkeit in das Innere des Kabels eingedrungen ist.
Trotzdem war es der Anfang einer sehr interessanten und lehrreichen Elektronikbastelei und es entstand ein für unsere Zwecke praxistaugliches Gerät für die Ortung unterirdisch verlegter Kabel.
Vielen Dank übrigens an Björn Garten (PE Vatterode), er gab dem elektronischen „Kind“ einen Namen: „Finde-Fix 2011“ 🙂
Physikalische Grundlagen
Zur Ortung eines unterirdisch verlegten Kabels muss das Kabel in der Erde „sichtbar“ gemacht werden. Der Trick besteht darin, rings um das gesuchte Kabel herum ein Magnetfeld zu erzeugen, das ausgewertet werden kann. Damit das Magnetfeld gut erfasst werden kann, wird eine hörbare Frequenz verwendet. Das Magnetfeld kann mit einer Suchspule geortet, entsprechend verstärkt und dann über Kopfhörer akustisch ausgewertet werden. Diese Lösung ist zwar nicht so komfortabel wie bei heutigen professionellen Geräten, die mit Mikroprozessorschaltungen eine digitale Anzeige realisieren, dafür ist der Aufwand gering. Unsere (Ur-)Großväter standen schließlich schon vor ähnlichen Aufgaben und mussten diese auch ohne Mikroprozessor und Digitaltechnik lösen. Diesem Prinzip, ganz im Sinne historischer Fernmeldetechnik, fühlte ich mich bei diesem Projekt ebenfalls verpflichtet. 🙂
Um ein Magnetfeld zu erzeugen, das man verfolgen kann, muss in den Adern des Kabels ein Stromfluß erzeugt werden. Dessen Magnetfeld soll hier nicht vom Feld des in der benachbarten Ader in gleicher Höhe zurück fließenden Stromes neutralisiert werden. Der Effekt des gegenseitigen Aufhebens der Felder ist ja im normalen Betrieb des Fernmeldekabels durchaus erwünscht (Schutz vor Übersprechen) und wird durch die Verseilung der Aderpaare begünstigt. Deswegen werden zum Zweck der Ortung nur eine oder zwei Adern auf einer Seite des Kabels angeschlossen.
Wie kommt es aber dazu, dass in einer einzelnen angeschlossenen Ader ein Stromfluß zustande kommt? Strom braucht bekanntlich stets einen geschlossenen Stromkreis, damit er fließen kann. Daran ändert sich auch an dieser Stelle nichts.
Um diesen Strom fließen zu lassen, wird die Kapazität zwischen den Adern und dem das Kabel umgebenden Erdreich ausgenutzt. Diese Kapazität kann man sich als eine Reihe entlang der Leitungsader parallel geschalteter Kondensatoren vorstellen. Ein Kondensator besteht zum Beispiel aus 2 Metallplatten, die sich in Luft in geringem Abstand isoliert gegenüber stehen. Die Form ist dabei völlig egal, so dass der Draht gegenüber dem das Kabel umgebenden Erdreich (elektrisch leitend) eine Anordnung bildet, die durchaus einen Kondensator darstellt.
Eine angelegte Geichspannung würde diese Kapazität nur einmal aufladen, danach könnte kein Strom mehr fließen. Dieser Effekt ist bei der Messung an offenen Aderpaaren mit dem Prüfschrank PS50 jedem alten Fernmelder geläufig und gut erkennbar: Misst man mit dem Ohmmeter des Prüfschrankes in eine längere Leitung ohne angeschlossenem Telefonapparat hinein, so passiert folgendes: eine Gleichspannung wird angelegt; Zeiger am Ohmmeter schlägt kurz aus (Stromfluß), und geht dann auf 0 (=Widerstand unendlich) zurück, weil die Leiter ja voneinander isoliert sind (oder sein sollten). Früher sagte man dazu: „Die Leitung ist „lang offen“.
Dadurch, dass der Prüfgenerator jedoch eine Wechselspannung liefert, kann ein Wechselstrom durch diese Kondensatoren zur Erde abfließen. Sie werden bei jeder Halbwelle des Wechselstromes umgeladen und dadurch fließt ständig ein Strom. Die Erde dient dabei als Rückleiter, deshalb muss der eine Pol des Prüfgenerators gut geerdet werden. Damit schließt sich der Stromkreis. Damit über die vielen parallel geschalteten Kondensatoren ein ausreichend hoher Strom fließen kann, wird eine recht hohe Spannung angelegt.
Der in der Ader fließende schwache Strom erzeugt ein magnetisches Wechselfeld, das sich in konzentrischen Kreisen rund um das Kabel in der Erde und in den über dem Kabel liegenden Raum ausbreitet. Als Sensor zum Orten verwenden wir eine Suchspule mit mehreren 1000 Windungen, in der das magnetische Wechselfeld des gesuchten Kabels eine geringe Tonspannung erzeugt (Induktion). Dieser Ton muss nun noch verstärkt werden, um mit einem Kopfhörer abgehört zu werden.
Zur Ortung gibt es 2 Möglichkeiten, die Suchspule gegenüber dem gesuchten Kabel zu halten. Wenn die Suchspule waagerecht gehalten wird, erzeugen die magnetischen Feldlininen genau oberhalb des Kabels die größte Induktion, das ergibt eine maximale Lautstärke genau über dem Kabel. Dieses Maximum in der Lautstärke ist allerdings nicht so genau ausgeprägt.
Wenn die Suchspule gegenüber der Erdoberfläche senkrecht gehalten wird, ergibt sich genau senkrecht oberhalb des Kabels ein Minimum in der Lautstärke, dass sehr genau ausgeprägt ist und sich zum Orten mit Hilfe eines Kopfhörers viel besser eignet.
Dieses Minimum entsteht dadurch, dass die Feldlinien genau oberhalb des Kabels etwa parallel zur Erdoberfläche verlaufen. So wird die Windungsebene der Spulenwindungen (auch waagerecht zur Erdoberfläche gehalten) kaum geschnitten, es kann keine oder sehr wenig Induktion in die Spule erfolgen (Ton leise). Sobald man sich mit der Spule vom Kabel entfernt, weicht die Richtung der Feldlinien von der Waagerechten ab, die Spulenwindungen werden stärker geschnitten und die Lautstärke steigt wieder an.
Tiefenortung
Neben der Lage der Kabeltrasse kann man mit dieser Methode mittels eines kleinen Tricks auch die ungefähre Verlegetiefe des gesuchten Kabels bestimmen.
Dazu wird die Suchspule bei der Ortung nicht senkrecht sondern unter einem Winkel von ca. 45° gegenüber der Erdoberfläche geneigt gehalten. Das Minimum in der Ortung tritt nun in einem bestimmten Abstand neben der zunächst mit senkrechter Suchspule georteten Kabeltrasse auf.
Dabei entspricht dieser Abstand in etwas der Verlegetiefe des gesuchten Kabels. Zur Erklärung soll die folgende Skizze helfen:
Wenn die Spule in einem Winkel von exakt 45° gehalten wird, ergibt sich geometrisch ein gleichschenkliges Dreieck unterhalb der Erdoberfläche. Wenn die beiden Katheten des Dreieckes mit a und b bezeichnet werden, gilt für die Schenkellängen der Katheten a=b. Damit entspricht der Abstand des mit geneigter Spule gefundenen Minimums zur Kabeltrasse in etwa dem Abstand des Kabels von der Erdoberfläche (Verlegetiefe).